Die Schlüsselhormone der Wechseljahre
Veröffentlicht von Saskia Appelhoff im August 2024 in Allgemeines Wissen
Was sind Hormone?
Hormone sind biochemische Botenstoffe, die von Drüsen oder Zellen produziert werden. Sie steuern viele Körperfunktionen wie Wachstum, Stoffwechsel, Stimmung und Fortpflanzung. Hormone wirken spezifisch auf Zielzellen, indem sie an Rezeptoren binden und biologische Prozesse regulieren.
Hormone werden im Wesentlichen in drei Kategorien unterteilt, basierend auf ihrer chemischen Struktur und Funktion:
Peptid- und Proteinhormone: z.B. Insulin, Wachstumshormone
Steroidhormone: z.B. Östrogene, Progesteron, Testosteron, Kortisol
Aminosäurederivate: z.B. Adrenalin, Thyroxin
Diese Hormone regulieren verschiedene physiologische Prozesse im Körper, einschließlich Stoffwechsel, Wachstum, Immunfunktion und Reproduktion.
Die wichtigsten Sexualhormone der Frau sind Östrogene, Progesteron und Testosteron. Vor allem Östrogene und Progesteron spielen während der Wechseljahre eine entscheidende Rolle.
Östrogene als “Weiblichkeitshormon”
Östrogene gelten als die bekanntesten weiblichen Sexualhormone. Der Begriff "Östrogen" leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „das, was Leidenschaft erzeugt“. Zumeist wird vereinfacht nur von Östrogen gesprochen, doch tatsächlich handelt es sich um eine Gruppe von mehr als 30 verschiedenen Hormonen. Zu den bedeutendsten gehören Östradiol, Östron und Östriol, wobei insbesondere Östradiol eine entscheidende Rolle für die weibliche Fruchtbarkeit spielt.
Es gibt drei Haupttypen von Östrogenen (Anmerkung: es findet sich auch die Schreibweise "Estrogene", die ans Englische angelehnt ist) im menschlichen Körper:
Östradiol/Estradiol (E2): Das wichtigste und aktivste Östrogen im gebärfähigen Alter. Es spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung der weiblichen Geschlechtsmerkmale und des Menstruationszyklus.
Östron/Estron (E1): Das dominierende Östrogen nach den Wechseljahren. Es ist weniger wirksam als Östradiol, kann aber in Östradiol umgewandelt werden.
Ostriol/Estriol (E3): Hauptsächlich während der Schwangerschaft produziert. Es ist das schwächste der drei und wird von der Plazenta hergestellt.
Diese drei Östrogene erfüllen unterschiedliche Funktionen und sind in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich dominant.
Wirkung von Östrogenen
Östrogene werden vor allem in den Eierstöcken gebildet, aber auch im Follikel und in der Nebennierenrinde. Der Östrogenspiegel steigt in der ersten Zyklushälfte bis kurz vor dem Eisprung an, bevor er dann wieder sinkt. Östrogene sind daher zyklusabhängig. In der Perimenopause reduziert sich die Östradiolproduktion, bevor sie in der Postmenopause komplett erlischt.
Chemische Formel Östrogen
Fortpflanzungssystem:
Menstruationszyklus: Östrogene sind entscheidend für die Regulierung des Menstruationszyklus, insbesondere in der Follikelphase, wo sie das Wachstum und die Reifung der Eizellen fördern.
Gebärmutterschleimhaut: Sie unterstützen das Wachstum und die Verdickung des Endometriums, um es auf eine mögliche Schwangerschaft vorzubereiten.
Vaginal- und Gebärmutterhalssekret: Östrogene beeinflussen die Konsistenz des Zervixschleims, wodurch der Spermienfluss erleichtert und die Befruchtung gefördert wird.
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Allgemeine Wirkung:
Knochendichte: Östrogene tragen zur Erhaltung der Knochenmasse bei, indem sie den Abbau von Knochengewebe verringern. Ein Abfall des Östrogenspiegels nach der Menopause erhöht das Osteoporoserisiko.
Herz-Kreislauf-System: Östrogene schützen das Herz-Kreislauf-System, indem sie den HDL-Cholesterinspiegel erhöhen und den LDL-Cholesterinspiegel senken.
Hautelastizität und Feuchtigkeit: Östrogene fördern die Kollagenproduktion, was die Haut elastisch und straff hält, und unterstützen die Feuchtigkeitsbindung, was die Haut weich macht und hydratisiert.
Stimmung und kognitive Funktionen: Östrogene haben schützende Wirkungen auf das Gehirn und beeinflussen Neurotransmitter, was positive Effekte auf Stimmung, Gedächtnis und kognitive Funktionen haben kann.
Östrogene spielen also eine zentrale Rolle im weiblichen Körper, da sie das komplette Fortpflanzungssystem steuern. Zudem beeinflussen sie viele andere Bereiche des Organismus wie die Knochengesundheit und die Herz-Kreislauf-Gesundheit. Auf psychischer Ebene beeinflussen sie die Stimmung positiv, da sie aktivierend und aufheiternd wirken. Sie sind sehr wichtig für das allgemeine Wohlbefinden.
Progesteron
Progesteron (aus dem Lateinischen: für die Schwangerschaft) wird vor allem in den Eierstöcken produziert, insbesondere im Gelbkörper nach dem Eisprung und während der zweiten Zyklushälfte. Im Verlauf des weiblichen Menstruationszyklus bereitet Progesteron die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vor und unterstützt die Erhaltung einer möglichen Schwangerschaft. Darüber hinaus hat Progesteron eine Vielzahl weiterer positiver Effekte: Es wirkt beruhigend und angstlösend, fördert den Schlaf und kann vorteilhafte Auswirkungen auf den Knochenaufbau haben.
Wirkung von Progesteron
Fortpflanzungssystem:
Zyklus-Regulation: Progesteron hilft, den Menstruationszyklus zu regulieren, insbesondere in der zweiten Zyklushälfte, nachdem der Eisprung stattgefunden hat.
Schwangerschaftserhaltung: Es bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung eines befruchteten Eies vor und erhält die Schwangerschaft, indem es vorzeitige Wehen verhindert und die Gebärmuttermuskulatur entspannt
Endometrium-Veränderungen: Progesteron sorgt dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut sich nach dem Eisprung verdickt, um ein befruchtetes Ei aufzunehmen.
Chemische Formel Progesteron
Allgemeine Wirkung:
Stimmungsregulation: Es wirkt stimmungsaufhellend und kann angst- und stressreduzierend sein.
Schlafqualität: Progesteron kann die Schlafqualität verbessern und bei Schlafstörungen helfen.
Neuroprotektion: Es schützt das zentrale und periphere Nervensystem vor Schädigungen.
Knochengesundheit: Progesteron unterstützt die Erhaltung der Knochendichte und kann Osteoporose vorbeugen.
Libido: Es kann die sexuelle Lust positiv beeinflussen.
Stoffwechsel: Progesteron ist an verschiedenen Stoffwechselprozessen beteiligt und beeinflusst den Energiehaushalt.
Testosteron
Im weiblichen Körper wird Testosteron vor allem in den Eierstöcken, der Nebennierenrinde und in geringem Maße in anderen Geweben produziert. Die Wirkung von Testosteron bei Frauen ist weniger stark ausgeprägt als bei Männern, aber es ist dennoch wichtig für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden.
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Wirkung von Testosteron:
- Libido: Testosteron beeinflusst die sexuelle Lust und das Verlangen. Ein ausreichender Testosteronspiegel kann das sexuelle Interesse und die Zufriedenheit steigern.
Knochengesundheit: Testosteron unterstützt die Erhaltung der Knochendichte und hilft, den Knochenabbau zu vermindern.
Muskelmasse und Kraft: Es fördert den Erhalt und Aufbau von Muskelmasse und -kraft, indem es den Muskelstoffwechsel reguliert.
Stimmungsregulation: Testosteron hat einen Einfluss auf die Stimmung und kann das allgemeine Wohlbefinden verbessern. Ein Mangel kann zu Depressionen und Stimmungsschwankungen führen.
Kognitive Funktionen: Testosteron kann Gedächtnis und Konzentration beeinflussen und somit kognitive Funktionen unterstützen.
Stoffwechselregulation: Es wirkt auf den Fettstoffwechsel und kann die Verteilung von Körperfett beeinflussen.
Körperbehaarung: Testosteron beeinflusst das Wachstum von Körper- und Gesichtshaar. Ein erhöhter Testosteronspiegel kann zu verstärktem Haarwuchs führen, was bei einigen Frauen als Hirsutismus bezeichnet wird.
Follikelstimulierendes Hormon (FSH)
FSH wird in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) produziert und spielt eine zentrale Rolle bei der Reifung der Eizellen in den Eierstöcken. Es regt das Wachstum der Follikel an, in denen die Eizellen heranreifen, und stimuliert die Östrogenproduktion.
Während der Wechseljahre sinkt die Anzahl funktionsfähiger Follikel. Dadurch entsteht weniger Östrogen, was wiederum die Hypophyse dazu veranlasst, mehr FSH auszuschütten. Typisch für die Menopause sind daher stark erhöhte FSH-Werte – sie gelten als Marker für das Einsetzen der Wechseljahre.
Luteinisierendes Hormon (LH)
Auch LH wird in der Hypophyse gebildet. Gemeinsam mit FSH steuert es den Menstruationszyklus. Der bekannte „LH-Peak“ kurz vor dem Eisprung löst den Eisprung selbst aus und sorgt für die Umwandlung des Follikels in den Gelbkörper, der Progesteron produziert.
Mit Beginn der Wechseljahre nimmt die Regelmäßigkeit des Zyklus ab, der Eisprung bleibt oft aus. Als Folge steigen die LH-Werte dauerhaft an. Zusammen mit FSH kann LH daher wichtige Hinweise auf den Status der hormonellen Umstellung liefern.
Schlüsselhormon Progesteron
Dehydroepiandrosteron (DHEA)
DHEA ist ein Steroidhormon, das überwiegend in der Nebennierenrinde produziert wird. Es dient als Vorstufe für andere Hormone wie Östrogene und Testosteron. DHEA erreicht seinen Höchstwert im jungen Erwachsenenalter und nimmt danach kontinuierlich ab.
In den Wechseljahren kann ein niedriger DHEA-Spiegel zu Symptomen wie Müdigkeit, nachlassender Libido oder verringertem Wohlbefinden beitragen. Es spielt außerdem eine Rolle bei der Knochengesundheit, der Immunabwehr und im Energiestoffwechsel. Manche Studien untersuchen den Nutzen einer DHEA-Supplementierung – diese sollte jedoch nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen.
Cortisol
Cortisol wird in der Nebennierenrinde gebildet und ist das wichtigste Stresshormon des Körpers. Es reguliert den Stoffwechsel, beeinflusst den Blutzuckerspiegel und hat eine starke Wirkung auf das Immunsystem. Normalerweise folgt Cortisol einem Tagesrhythmus: hoch am Morgen, um Energie für den Tag bereitzustellen, und niedrig am Abend, um Ruhe und Schlaf zu fördern.
In den Wechseljahren können hormonelle Veränderungen und Schlafstörungen jedoch dazu führen, dass dieser Rhythmus aus dem Gleichgewicht gerät. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel verstärkt Stress, begünstigt Gewichtszunahme – vor allem im Bauchbereich – und kann die Knochengesundheit beeinträchtigen. Daher spielt Cortisol eine wichtige Rolle für das körperliche und seelische Gleichgewicht in dieser Lebensphase.
Die Wechseljahre sind eine Phase tiefgreifender hormoneller Veränderungen, die weit über die Fruchtbarkeit hinausgehen. Östrogene, Progesteron, Testosteron, FSH, LH, DHEA und Cortisol wirken eng zusammen und beeinflussen nicht nur Zyklus und Fortpflanzung, sondern auch Knochendichte, Stoffwechsel, Stimmung und allgemeines Wohlbefinden. Ein fundiertes Verständnis dieser Schlüsselhormone hilft, körperliche und emotionale Veränderungen besser einzuordnen und individuelle Wege für Gesundheit und Lebensqualität in dieser Lebensphase zu finden.
Zusammenfassung:
Während der Wechseljahre verändern sich zahlreiche Hormone, die das Gleichgewicht im Körper steuern. Sinkende Spiegel von Östrogen und Progesteron sowie ansteigende Werte von FSH und LH markieren den Übergang in die Menopause. Ergänzend spielen Testosteron, DHEA und Cortisol eine wichtige Rolle für Energie, Stimmung, Knochengesundheit und Stressbewältigung. Das Zusammenspiel dieser Hormone erklärt viele typische Symptome – und eröffnet Ansatzpunkte für eine gezielte, individuelle Unterstützung.
Quellen:
- Ärzteblatt: Frauen im mittleren Alter: Bei unspezifischen Symptomen auch an die Wechseljahre denken. Ärzteblatt (17.11.2023). URL
- Bildau, Judith (2024): Raus aus dem Hormon Karussell: Soforthilfe bei PMS, Regelschmerzen, psychischen Tiefs, Schlafstörungen und Gewichtszunahme. München: Gräfe und Unzer Verlag.
- Burkhardt, Katharina Maria/ Neubauer, Sylvia: Glück ist Hormonsache (2024, riva Verlag.
- De Liz, Sheila (2024): Woman on Fire: Alles über die fabelhaften Wechseljahre. 24. Auflage, Hamburg: Rowohlt Verlag.
- Kniestedt, Fanny: “Wir sind 9 Millionen” – Frauen in Wechseljahren gründen. Mitteldeutscher Rundfunk, MDR Aktuell (30.12.2023). URL
- Mosconi, Lisa (2024): The Menopause Brain: New Science Empowering Woman to Navigate Midlife with Knowledge and Confidence. United Kingdom: Atlantic Books.
- Pelz, Mindy (2023): The Menopause Reset. United Kingdom: Hayhouse UK.