Interview

Yvonne (46): Ich will einfach wieder normal leben

Veröffentlicht von Saskia Appelhoff im Mai 2025

Artikelbild Yvonne (46): Ich will einfach wieder normal leben

Yvonne, 46, 2 Kinder, keine HET, Angestellte

Wie bist du denn das erste Mal mit dem Thema Wechseljahren in Berührung gekommen?

Letztes Jahr fiel mir auf, dass meine Periode unregelmäßig wurde – mal kam sie zwei Wochen zu spät, mal erst nach drei. Ich ging zum Frauenarzt, der mir Mönchspfeffer empfahl. Kaum begann ich damit, bekam ich Herzstolpern. Aber anders als sonst – eher wie ein Schluckauf oder Muskelzucken. Nun blieb das Herzstolpern eine ganze Woche, während es früher kurz aufkam und dann wieder verschwand. Doch mit jedem Zyklus kamen neue Symptome: Schwindel, extreme Müdigkeit, als würde ich krank werden. Ich wartete auf Halsschmerzen – aber nichts, nur Erschöpfung, vor und nach der Periode. Vielleicht war mein Eisenwert im Keller, denn die Blutungen wurden immer stärker.

Dann begannen Muskelschmerzen in den Oberschenkeln, dazu ein heftiges Hautjucken am Arm – immer an der gleichen Stelle. Auch meine Kopfhaut begann zu jucken, riss auf, blutete. Und kurz vor der Periode der schlimmste Drehschwindel: Ich wachte auf, und das ganze Bett drehte sich. Ich fühlte mich hilflos. Die Symptome kamen und gingen monatelang. Manchmal war Augendruck, grelles Licht war kaum auszuhalten – alles abhängig vom Zyklus.

Dann kamen Taubheitsgefühle dazu – vom rechten Bein bis zum Kopf. Das war der Punkt, an dem ich sagte: Schluss, es reicht! Ich hatte vieles ausprobiert, von Homöopathie bis Naturheilmitteln. Mönchspfeffer hat ganz gut funktioniert, aber trotzdem fehlte irgendwas. Ich fühlte mich immer noch nicht wie ich selbst, und allmählich verlor ich die Geduld. Ich wollte einfach nur wieder ein normales Leben führen.

Am Ende will ich einfach nur, dass es mir gut geht.

Yvonne

Der Frauenarzt verschrieb mir dann Progesteron (Famenita). Doch die Wirkung war katastrophal: Ich lag nachts wach, hatte Herzrasen, Schweißausbrüche und die anderen Symptome waren auch wieder: Kribbeln, Jucken, Schwindel, Herzstolpern. Also stoppte ich Progesteron und kehrte wieder zum Mönchspfeffer zurück. Die Symptome verschwanden.

Aber ich weiß nicht, ob das die richtige Lösung ist. Mönchspfeffer kann manchmal auch Schwindel auslösen, und eigentlich will ich den ja loswerden. Ich will einfach wieder normal leben. 

Ich hadere noch mit mir, ob ich der Hormonersatztherapie nicht doch noch eine Chance geben soll und es nochmal, vielleicht länger versuchen soll. Ich bin mir einfach nicht sicher. Vielleicht waren die 100 mg damals einfach zu viel für meinen Körper. Es gibt ja auch 10 mg – vielleicht wäre das ein besserer Weg?


Hast du jemanden, mit dem du dich austauschen kannst?

Ich bin ein sehr offener Mensch – jeder in meinem Umfeld weiß, dass ich mitten in den Wechseljahren stecke. Meine beste Freundin kenne ich seit über 30 Jahren, wir sind alle im selben Alter. Die eine spürt die Wechseljahre kaum, die andere kämpft mehr damit. Wer keine Beschwerden hat, kann sich schwer hineinversetzen.

Zwei meiner Freundinnen sind voll dabei: "Hoffentlich erwischt es mich nicht so schlimm!" – diese Unsicherheit kennt fast jede von uns. Auch beim Yoga-Retreat sind wir auf einer Wellenlänge. Die Yogini, die die Gruppe leitet, und ich probieren gezielt Übungen für die Wechseljahre aus, bevor wir sie in der Gruppe machen.

Ich gehe ganz offen mit dem Thema um. Erst dann merkt man, wie unterschiedlich die Reaktionen sind: Manche verstehen es, andere verdrehen die Augen. "Du immer mit deinen Wechseljahren!" – aber ich kann es ja nicht ignorieren. Ich denke oft: Frauen, die die Pille, Hormone oder eine Spirale haben, erleben es vielleicht ganz anders. Mit ihnen kann man sich nicht so austauschen, weil die Symptome oft erst später kommen.

Am Ende will ich einfach nur, dass es mir gut geht. Also denke ich: Vielleicht sollte ich es einfach probieren? Man nimmt es ja nicht für immer. Ein Gel zum Beispiel – vielleicht wäre das ein guter Kompromiss.

Und wer weiß, vielleicht hilft es ja auch langfristig, um spätere Probleme wie Herzkrankheiten oder Osteoporose zu vermeiden. Darüber spricht ja kaum ein Arzt. Man liest es nur überall, aber keiner sagt einem direkt, was nach den Wechseljahren passieren kann, wenn man nichts nimmt.

Aber dann denke ich wieder: Ich habe all die Jahre keine Hormone genommen – und jetzt soll ich damit anfangen? Das fühlt sich einfach schwierig an.

Eins weiß ich aber: Mit Homöopathie bin ich wohl durch.

Aber dann denke ich wieder: Ich habe all die Jahre keine Hormone genommen – und jetzt soll ich damit anfangen? Das fühlt sich einfach schwierig an.

Yvonne

Du hast gesagt, dass mit dem Mönchspfeffer deine Symptome eigentlich ganz gut zurückgegangen sind. Was denkst du, was dir fehlt?

Mental und beim Schlafen geht es mir super – keine depressiven Phasen, nichts. Aber was mir fehlt, ist die körperliche Kraft. Von den 25 bis 28 Tagen im Zyklus fühle ich mich etwa anderthalb Wochen richtig gut. Danach werde ich schlapp.

Vor allem nach der Periode fühle ich mich völlig ausgelaugt – als wäre mein Körper einfach leer. Dann kommt das Herzstolpern, und ich habe kaum Energie. Wenn ich in dieser Phase zum Yoga gehe, bin ich nach einer Stunde fix und fertig. Eine Woche später dasselbe Yoga – und ich könnte locker 2 Stunden machen.

Das hatte ich früher nie. Und genau das will ich zurück. Eigentlich mache ich schon alles, was man so machen kann: Ich bewege mich, achte auf meine Ernährung. Wir essen kein Schwein, kein Rind – wenn überhaupt mal Fleisch, dann Hühnchen. Ich esse viel Brokkoli, weil er Phytoöstrogene enthält, und generell alles, was mit Kohl zu tun hat. Und ehrlich gesagt, ohne Seiten wie eure wüsste ich oft gar nicht, was ich machen soll. Denn ein Arzt sagt einem sowas ja nicht. Ohne Google oder Instagram? Ich weiß nicht, wo ich dann heute wäre. Man muss sich wirklich selbst informieren.

Was hätte dir in den ersten Jahren mit den Symptomen geholfen oder was hättest du dir damals gewünscht?

Ich sage immer zu meiner Freundin: Hätte mir vor 20 Jahren jemand gesagt, wie die Wechseljahre ohne Pille oder Hormone sein können, hätte ich nach dem zweiten Kind sofort wieder mit der Pille angefangen – und erst mit 50 aufgehört. Einfach, um das alles gar nicht erst zu erleben. Dann hätte ich mich wahrscheinlich bereitwillig mit Chemie vollgepumpt.

Denn eigentlich ist es wie in der Schwangerschaft: Der Hormonhaushalt wird völlig umgeworfen, und die Symptome sind fast dieselben. Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen – man heult, weil der Stift nicht da liegt, wo er sein sollte. Genau wie damals. Und darüber redet kaum jemand! Es scheint, als wolle sich einfach niemand damit beschäftigen.

Yvonne

Fehlt dir der Austausch mit einem Coach oder Arzt, oder möchtest du lieber mit anderen Frauen sprechen, die in einer ähnlichen Situation sind?

Es wäre schön, sich mit anderen Frauen auszutauschen – gerade in meiner Situation. Ich weiß nicht, ob ich eine Hormonersatztherapie nehmen soll oder ob es noch ein anderes Mittel gibt, das helfen könnte. Einfach zu hören: Wie seid ihr damit gefahren? Hat euch das Mittel nach drei Monaten wirklich geholfen? Oder gab es Nebenwirkungen?

Natürlich ist jeder Mensch anders. Aber der Austausch wäre so wertvoll – wer hat welche Erfahrungen mit Mönchspfeffer, Yamswurzel, Rotklee & Co.? Man kann sich ja fast darin verlieren, was es alles gibt. Und manchmal frage ich mich, ob manche Bewertungen im Internet wirklich echt sind.

Deshalb finde ich es gut, wenn Seiten wie eure solche Themen ansprechen. Neulich ging es um Progesteron, und so viele Frauen haben dazu geschrieben – das ist super, weil ich mir dann einzelne Infos rausziehen und mein eigenes Puzzle zusammensetzen kann.

Noch schöner wäre es, wenn es im eigenen Umfeld mehr Austausch gäbe. In unserem Landkreis gibt es bestimmt mindestens 10 bis 20 Frauen, die ähnliche Probleme haben und sich nicht allein fühlen wollen. Meine Yoga-Freundin und ich haben schon überlegt, ob wir mal einen „Wechseljahres-Kaffee“ machen – einfach sehen, ob sich jemand dafür interessiert. Vielleicht probieren wir es im Frühjahr mal aus.

Gibt es noch etwas, das wir nicht besprochen haben oder das dir wichtig ist?

Niemand Scham empfinden, wenn es um solche Themen geht. Es muss einfach normal sein, darüber zu reden. Ich habe das auch im Frauenheilkreis gemerkt – es geht darum, einfach zu reden.

Ich bin froh, dass mein Mann mich so akzeptiert, wie ich bin. Wir sprechen offen darüber, und er belächelt mich nicht. Wenn es mir schlecht geht, sagt er oft: „Du musst nicht gleich den Blutdruck messen, es sind nur die Wechseljahre. Es ist alles gut.“ Er holt mich dann immer wieder zurück in die Realität, wenn mein Kopf anfängt, sich Sorgen zu machen. Reden, reden, reden – das ist wirklich wichtig.


Zusammenfassung:

Yvonne beschreibt ihren Einstieg in die Wechseljahre als schleichend und zugleich überwältigend. Anfangs waren es nur unregelmäßige Zyklen, doch bald gesellten sich zahlreiche körperliche Beschwerden hinzu: Schwindel, Herzstolpern, extreme Müdigkeit, Juckreiz, Muskelschmerzen und sogar Taubheitsgefühle. Sie fühlte sich hilflos und ausgeliefert – körperlich erschöpft, mental aber stabil.

Obwohl Mönchspfeffer Linderung brachte, blieb eine tiefe Unsicherheit: Ist das genug? Oder wäre eine Hormonersatztherapie doch der richtige Weg? Der erste Versuch mit Progesteron scheiterte, verstärkte die Symptome sogar. Trotzdem ringt sie weiter mit der Frage, ob ein anderer Weg – vielleicht eine niedrigere Dosis – helfen könnte, ihr altes Körpergefühl zurückzubekommen.