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Libidoverlust in den Wechseljahren: Ursachen und Lösungen

Veröffentlicht von Saskia Appelhoff im Oktober 2024 in Partnerschaft & Intimität, Symptome

Artikelbild Libidoverlust in den Wechseljahren: Ursachen und Lösungen

Die Wechseljahre – eine Zeit der Veränderung, die jede Frau individuell erlebt. Viele Frauen spüren während dieser Phase nicht nur körperliche Symptome wie Hitzewallungen und Schlafstörungen, sondern auch Veränderungen in ihrem Sexualleben. Eine verminderte Libido ist dabei ein häufiges Thema, über das oft wenig gesprochen wird.

Warum sinkt die Libido in den Wechseljahren?

Es gibt viele Ursachen für eine verminderte Libido. Im Zusammenhang mit Wechseljahren gibt es nur sehr wenige Untersuchungen dazu. Ein wichtiger Faktor ist der Rückgang der Sexualhormone Östrogen und im späteren Verlauf auch der Rückgang von Testosteron in den Wechseljahren. Ein verminderter Spiegel dieser Hormone kann das Verlangen und die Erregung beeinträchtigen, was zu körperlichen Veränderungen führt, die das Interesse am Sex verringern oder zu Unbehagen führen können. Auch psychische und physische Probleme wie Stimmungsschwankungen, Ängste, Probleme mit dem Körperbild und Veränderungen in Ihrem persönlichen, sozialen und beruflichen Leben können zu einem geringeren Sexualtrieb beitragen.

Wie häufig ist eine verminderte Libido in den Wechseljahren?

Sexuelle Probleme betreffen dabei zwischen 68 bis 86 % der Frauen in den Wechseljahren – eine beeindruckende Zahl, die zeigt, wie weit verbreitet diese Veränderungen sind [1]. 

10% der Frauen berichten über ein vermindertes sexuelles Verlangen und leiden darunter. Vielen Frauen fällt es schwer, darüber zu sprechen, weil das Thema schambesetzt ist oder auch den Ärzten nicht zutrauen, darüber gut zu informieren oder offen darüber sprechen zu können [2].

Was bedeutet das für die Lebensqualität?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert sexuelle Gesundheit nicht nur als das Fehlen körperlicher Beschwerden, sondern als das Zusammenspiel von körperlichem, psychologischem und emotionalem Wohlbefinden. Sexuelle Probleme in den Wechseljahren beeinflussen all diese Bereiche und tragen somit erheblich zum allgemeinen Wohlbefinden der Frau bei.

Libidoverlust kann die Beziehung belasten

Ursachen für die verminderte Libido in den Wechseljahren

Eine verminderte Libido kann viele Gründe haben. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:

1. Körperliche Faktoren bei Libidoverlust

Vaginale Trockenheit und Schmerzen:

Ein Rückgang des Östrogens in den Wechseljahren führt zu vulvovaginaler Atrophie (Scheidentrockenheit), einer verminderten Elastizität der Vaginalwände sowie einer verringerten Durchblutung und einer schlechteren Versorgung der Nerven im Intimbereich. Diese körperlichen Veränderungen können zu vaginaler Trockenheit, Reizung, verminderter Berührungs- und Vibrationswahrnehmung und oft zu Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr) führen, was alles zu einer Verringerung der sexuellen Befriedigung beiträgt. Diese Beschwerden verringern oft das Interesse an sexuellen Aktivitäten [3].

Medikamente und chronische Krankheiten:

Viele Medikamente haben einen Einfluss auf die sexuelle Lust, z.B. können Antidepressiva die sexuelle Lust reduzieren. Genauso wie chronische Schmerzen oder Krankheiten. Eine Bestandsaufnahme der Medikamente kann sehr hilfreich sein, um herauszufinden, ob die Ursache bei diesen Medikamenten liegt [4].

2. Emotionale und psychische Faktoren 

Schlafprobleme und Erschöpfung:

Hitzewallungen, Schlafstörungen, die in den Wechseljahren häufig auftreten, führen oft zu Müdigkeit und Erschöpfung – Faktoren, die das allgemeine Wohlbefinden negativ beeinflussen und die Lust auf Intimität reduzieren können.

Stress: 

Die Wechseljahre bringen nicht nur körperliche, sondern auch psychische Veränderungen mit sich. Stress, Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmungen und Angstgefühle können sich negativ auf die Libido auswirken. Obwohl die Abnahme der sexuellen Funktion und Zufriedenheit mit dem Alter natürlich abnimmt, kann diese Abnahme auch die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen [5].

Veränderungen im Körperbild: 

Viele Frauen nehmen in den Wechseljahren Veränderungen ihres Körpers wahr, was zu Unsicherheiten führen kann. Ein vermindertes Selbstbewusstsein kann das sexuelle Verlangen ebenfalls beeinträchtigen. Sexuelle Probleme tragen zudem häufig zu einem schlechten Selbstbild und einem geringeren Gefühl der sexuellen Attraktivität bei, was das emotionale Wohlbefinden weiter beeinträchtigen kann [6]. 

3. Faktoren in der Beziehung

Die sexuelle Unlust kann ihre Unlust auch in der Beziehung haben, daher ist es wichtig, auch hier zu schauen.

Erektile Dysfunktion bei männlichen Partner

Ein häufig diskutierter Grund für eine niedrige Libido in der Postmenopause ist die erektile Dysfunktion bei männlichen Partnern. Laut einer Studie kann die erektile Dysfunktion die Libido auf zwei Arten beeinflusste: Erstens hatte der männliche Partner Schwierigkeiten, eine Erektion lange genug aufrechtzuerhalten, um den Orgasmus der Frau zu erreichen, was den Geschlechtsverkehr weniger befriedigend machte und ihr zukünftiges Interesse an Sex verringerte. Zweitens wurden Männer während sexueller Begegnungen defensiv oder frustriert wegen ihrer erektilen Dysfunktion, was ebenfalls die Zufriedenheit der Frauen minderte und ihr Interesse an zukünftigem Sex sinken ließ [7].

Paarzeit & Stimmung

Einige Frauen berichten, dass im stressigen Alltag sehr wenig Zeit ist, um sich gut auszutauschen bzw. aufeinander einzulassen. Nur weil man als Frau nicht immer spontan Lust hat, bedeutet das nicht, dass sie kein intensives Verlangen erleben kann. Oft braucht es nur ein wenig Vorbereitung, um die Stimmung aufkommen zu lassen, selbst wenn die Lust nicht sofort da ist.

Libidoverlust in den Wechseljahren

Libidoverlust in den Wechseljahren

Was kann man gegen eine verminderte Libido tun?

Es gibt verschiedene Ansätze, die helfen können, die sexuelle Lust in den Wechseljahren wieder zu steigern:

1. Hormonersatztherapie: Eine Hormonersatztherapie (HRT) kann dabei helfen, die hormonellen Ungleichgewichte auszugleichen und die Libido wieder anzukurbeln. Sie kann das Risiko von vaginaler Trockenheit und anderen körperlichen Beschwerden reduzieren, die das sexuelle Verlangen beeinträchtigen.

2. Vaginale Pflege und Gleitmittel: Spezielle Gleitmittel können vaginale Trockenheit lindern und den Geschlechtsverkehr angenehmer gestalten. Auch hormonfreie Cremes und Gele, die direkt in der Vagina angewendet werden, können helfen.

3. Kommunikation: Offene Gespräche mit dem Partner sind entscheidend. Ein verständnisvoller Partner kann dabei helfen, Druck und Unsicherheiten abzubauen. Gemeinsam über Wünsche und Ängste zu sprechen, schafft Vertrauen und Nähe. Eine verminderte Libido muss auch nicht immer ein Problem für die Frau bzw. das Paar sein. Wenn es für beide kein Problem darstellt, besteht natürlich auch kein Handlungsbedarf. Das offene Gespräch darüber ist jedoch wichtig, um zu verstehen, wie beide Partner:innen darüber denken. 

4. Psychologische Unterstützung: Wenn emotionale und psychische Faktoren eine Rolle spielen, kann eine therapeutische Unterstützung hilfreich sein. Sexologen und Paartherapeuten bieten speziell auf diese Themen zugeschnittene Beratungen an. Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) für sexuelle Belange ist eine spezielle Form der Therapie, die sich auf das Erkennen und Verändern von Gedankenmustern und Verhaltensweisen konzentriert, die sich negativ auf das Sexualleben auswirken können und wird oft eingesetzt, um sexuelle Probleme wie verminderte Libido, sexuelle Unzufriedenheit oder Schwierigkeiten bei der Intimität zu behandeln.

5. Lebensstil anpassen:

Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf können sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden und damit auch auf die Libido auswirken. Stressreduktion durch Yoga, Meditation oder Entspannungstechniken ist ebenfalls hilfreich.

Dabei sollte keine Frau das Gefühl haben, alleine zu sein. Die Zahlen sprechen für sich, und es ist wichtig, offen darüber zu sprechen und sich Hilfe zu suchen, wenn Bedarf besteht. Jede Frau hat das Recht auf ein erfülltes Sexualleben – auch in den Wechseljahren. Veränderungen sind normal, und es gibt viele Wege, die Lust zurückzugewinnen und das eigene Wohlbefinden zu stärken.

Was ist kognitive Verhaltenstherapie (KVT) für sexuelle Belange?

Diese Therapieform basiert auf der Idee, dass unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen eng miteinander verbunden sind. Negative Gedanken oder Ängste können unser sexuelles Verlangen beeinflussen und zu Vermeidungsverhalten führen. Die KVT hilft dabei, diese negativen Denkmuster zu erkennen und durch positivere und realistischere Gedanken zu ersetzen. Gleichzeitig werden neue, gesunde Verhaltensweisen erlernt, um das sexuelle Wohlbefinden zu steigern.

Wichtig: Nicht immer nimmt das Verlangen nach Sex ab

Nicht bei allen Frauen sinkt die Libido. Die Schwankungen des Östrogens und der Anstieg des Testosterons können bei einigen Frauen ein intensiveres sexuelles Verlangen hervorrufen. Diese hormonellen Schwankungen sind oft unvorhersehbar und können eben auch die Lust erhöhen. Solche Veränderungen hängen stark von der individuellen hormonellen Balance und Lebenssituation ab.  

Viele empfinden zudem eine größere Freiheit in ihrer Sexualität: Die monatlichen Regelblutungen entfallen, und auch das Thema Verhütung und die Sorge vor einer ungewollten Schwangerschaft spielen keine Rolle mehr. Wenn die erwachsenen Kinder aus dem Haus sind, kann dies frischen Wind in die Partnerschaft bringen und das Verlangen nach einem neuen, auch sexuellen, Kapitel im Leben wecken [9].

Zusammenfassung:

Während der Wechseljahre sinkt bei vielen Frauen das sexuelle Verlangen, oft aufgrund der hormonellen Veränderungen. Körperliche Beschwerden wie vaginale Trockenheit, sowie psychische Faktoren wie Stress oder ein verändertes Körperbild können die Libido zusätzlich beeinträchtigen. Studien zeigen, dass bis zu 10 % der Frauen darunter leiden, doch nur wenige sprechen offen darüber. Lösungen umfassen Hormonersatztherapie, vaginale Pflege, offene Kommunikation mit dem Partner und psychologische Unterstützung. Ein gesunder Lebensstil kann ebenfalls helfen, die Lebensqualität und das sexuelle Wohlbefinden zu verbessern.

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Quellen:

[1] Nazarpour, S, Simbar, M, Tehrani, FR (2016): Factors affecting sexual function in menopause: A review article. Taiwan J Obstet Gynecol. 2016 Aug ;55 (4): S. 480-7.

[2] Schaudig (2024): Podcast Hormongesteuert: # 15: Sex in den Wechseljahren.

[3] Scavello I, Maseroli E, Di Stasi V, Vignozzi L. Sexual Health in Menopause. Medicina (Kaunas). 2019 Sep 2;55(9):559, Link.

[4] Schaudig (2024): Podcast Hormongesteuert: # 15: Sex in den Wechseljahren.

[5] Thornton K, Chervenak J, Neal-Perry G. Menopause and Sexuality. Endocrinol Metab Clin North Am. 2015 Sep; 44 (3): S. 649-61.

[6] Lindau, ST, Gavrilova, N. (2010): Sex, health, and years of sexually active life gained due to good health: evidence from two US population based cross sectional surveys of ageing. BMJ. (2010) 340.

[7] Thomas, HN; Hamm, M et al (2020): "I want to feel like I used to feel": a qualitative study of causes of low libido in postmenopausal women. Menopause. 2020 Mar;27(3): S. 289-294. Link.

[8] De Liz, Sheila (2024): Woman on Fire: Alles über die fabelhaften Wechseljahre. 24. Auflage, Hamburg: Rowohlt Verlag.

De Liz, Sheila (2024): Woman on Fire: Alles über die fabelhaften Wechseljahre. 24. Auflage, Hamburg: Rowohlt Verlag.

Forsa (2024): Gesundheit, Beruf, Familie: Wie erleben Frauen die Wechseljahre?Studie

Gracia, CR, Freeman, EW. (2018): Onset of the Menopause Transition: The Earliest Signs and Symptoms. Obstet Gynecol Clin North Am. 2018 Dec; 45(4):585-597.

Green, SM; Furtado M (2021): Cognitive Behavioral Therapy for Sexual Concerns During Perimenopause: A Four Session Study Protocol. Front. Glob. Womens Health 2, URL

Inayat K, Danish N, Hassan L. (2017): Symptoms Of Menopause In Peri And Postmenopausal Women And Their Attitude Towards Them. J Ayub Med Coll Abbottabad. 2017 Jul-Sep;29(3):477-480. PMID: 29076687.

Kling, Kapoor et al (2021): Associations of sleep and female sexual function: good sleep quality matters. Menopause 28(6):p 619-625, June 2021. 

Leventhal JL. Management of Libido Problems in Menopause. Perm J. 2000 Summer; 4(3):29–34.

Lindau, ST, Gavrilova, N. (2010): Sex, health, and years of sexually active life gained due to good health: evidence from two US population based cross sectional surveys of ageing. BMJ. (2010) 340.

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Schaudig (2024): Podcast Hormongesteuert: # 15: Sex in den Wechseljahren.

Zhang, Chen et al. (2021) Menopausal hormone therapy and women’s health: An umbrella review. PLOS Medicine 18(8), URL