🎓 Jetzt neue Kurse in der Academy

Interview

Sam Schweiger - Transgender Team Austria

Veröffentlicht von Saskia Appelhoff im Oktober 2024

Artikelbild Sam Schweiger - Transgender Team Austria

Sam Schweiger

Sam Schweiger, 49 Jahre alt, geboren als biologische Frau lebt seit etwa 13 Jahren in seinem Wunschgeschlecht. Er ist verheiratet und hat einen Stiefsohn. Als Gründungsmitglied arbeitet er als Berater und Coach beim Transgender Team Austria, einer Beratungsstelle für Trans* Inter* und Homosexuelle Personen in Österreich.

Sam, ich freue mich, dass Du bei uns bist. Bitte stell dich doch einmal selbst vor.

Ich bin Sam Schweiger, 49 Jahre alt, und lebe seit etwa 13 Jahren in meinem Wunsch- oder Seelengeschlecht. Geboren als biologische Frau, habe ich einen langen, aber erfüllenden Weg hinter mir, den ich trotz der vielen Herausforderungen nie bereut habe. Mein Traum, als Mann zu leben und eine liebevolle Partnerin an meiner Seite zu haben, ist Realität geworden: Ich bin verheiratet und habe einen Stiefsohn.

Die Welt der Hormone ist mir bestens vertraut, da ich sie benötige, um in meinem gewünschten Zustand zu bleiben. Der Weg in die Wechseljahre hat mit dem Verlust meiner weiblichen Keimdrüsen begonnen und wurde durch die Einnahme gegengeschlechtlicher Hormone beschleunigt. Diese Erfahrung hat mich nicht nur körperlich, sondern auch psychisch geprägt.

Da sind wir ja schon gleich mitten im Thema: kannst Du uns erzählen, wie sich der Wechsel bei dir vollzogen hat?

Die Zeit während der Hormonbehandlung und vor der Operation war eine emotionale Achterbahnfahrt. Ich habe im Februar 2011 mit den gegengeschlechtlichen Hormonen angefangen und acht bis neun Monate später die Operation gehabt, bei der meine inneren Keimdrüsen, also Gebärmutter und Eierstöcke, entfernt wurden. Bis dahin waren sowohl weibliche als auch hochdosierte männliche Hormone in meinem Körper, was zu einem ständigen Auf und Ab führte – mal euphorisch, mal tief traurig, manchmal mit Schmerzen und Unsicherheiten.

Es war wirklich schwer, sich zu entspannen und das neue Glück der Hormone zu genießen, weil der Körper ständig auf diese Achterbahnfahrt reagierte – mal hab ich geschwitzt, mal hab ich gefroren, und ich habe immer wieder gezweifelt, ob das der richtige Weg war. Das Wechselspiel der Hormone hat noch so viel Einfluss gehabt, dass ich mich nicht richtig angekommen gefühlt habe.

Erst nach der Operation, als die männlichen Hormone endlich ungestört wirken konnten, hab ich begonnen, deutliche Veränderungen zu spüren. Plötzlich habe ich gemerkt, wie sich mein Gesicht, meine Stimme und sogar mein Bartwuchs verändert haben – und das innerhalb von Wochen. Diese Veränderungen haben mir das Gefühl gegeben, wirklich angekommen zu sein.

Es hat nie ganz aufgehört, besonders was die körperlichen Veränderungen betrifft – auch nach 13 Jahren spüre ich immer noch Auswirkungen. Für mich waren die intensivsten Wechseljahre die acht Monate vor der Operation. Diese Zeit war eine Herausforderung für mich und mein Umfeld. Die ständigen Stimmungsschwankungen und körperlichen Veränderungen haben Beziehungen und Partnerschaften belastet. 

Viele denken nicht darüber nach, welche Auswirkungen Hormone haben können. Ob es sich um gegengeschlechtliche Hormone oder andere Präparate handelt – Hormone haben tiefgreifende Auswirkungen auf den Körper und erfordern oft Unterstützung und Wissen, um damit umzugehen.

Sam Schweiger

Waren das dann die klassischen Wechseljahrsbeschwerden, die man kennt?

Das ist im Prinzip nicht anders als bei biologischen Frauen, die in den Wechseljahren sind oder sich einer Operation unterziehen müssen. Auch mein Körper hat auf die Hormonveränderungen stark reagiert. Vor der Operation hatte ich hohe Dosen männlicher Hormone und als plötzlich die weiblichen Hormone mit der Operation nicht mehr da waren, war das für meinen Körper ein riesiger Schock. Das Gehirn schickte weiterhin Signale zu den Keimzellen, die nicht mehr vorhanden waren, während ich alle paar Monate eine hohe Dosis Testosteron erhielt. 

Ich arbeite viel mit anderen Transmännern und berate sie in unserer Beratungsstelle. Jeder erlebt die hormonelle Veränderung anders – manche merken kaum etwas, andere kämpfen extrem bis zur Operation. Das zeigt, wie individuell hormonelle Veränderungen sind.

Es ist auch interessant zu sehen, wie junge Menschen auf Hormonpräparate reagieren. Viele denken nicht darüber nach, welche Auswirkungen Hormone haben können. Ob es sich um gegengeschlechtliche Hormone oder andere Präparate handelt – Hormone haben tiefgreifende Auswirkungen auf den Körper und erfordern oft Unterstützung und Wissen, um damit umzugehen.

Interview mit Sam Schweiger - Transgender Team Austria

Interview mit Sam Schweiger - Transgender Team Austria

Wie schnell hat sich dein Hormonspiegel nach der Operation eingependelt? Wie lange hattest Du Nachwirkungen?

Die Macht der Hormone sieht man an der Angleichung einer Transgender Person und ich spreche da von eigenen Erfahrungen! Die Hormone haben mir das Aussehen und das Wohlbefinden als Mann gegeben. Man sieht, dass mein Körper mit der Umstellung noch Zeit braucht, da ja mein Kopf weiterhin Signale an die nicht mehr vorhandenen weiblichen Keimdrüsen gesendet hat.

Nach der Operation hatte ich das Gefühl, dass die Veränderungen langsamer voranschreiten, als ich es mir gewünscht hätte. Doch etwa zwei bis drei Monate nach der Operation habe ich festgestellt, dass ich mich zunehmend ausgeglichener gefühlt habe. Auch mein Umfeld hat bestätigt, dass der Unterschied spürbar war..

Obwohl es anfänglich zu einem Überschuss an männlichen Hormonen kam, was manchmal zu ungewöhnlichen Reaktionen führte, fand ich, dass mein Körper sich schneller stabilisierte als in den Monaten davor. Die Heilung verlief gut, und als diese Phase vorbei war, hab ich mich sofort besser gefühlt. Insgesamt habe ich etwa ein Jahr vor der Operation mit den Hormonen begonnen und ca. 3 Monate nach der Operation bin ich endlich am gewünschten Punkt angekommen.

Du hast auch von psychischen Herausforderungen erzählt. Wie bist du damit umgegangen?

Während meiner Transition habe ich Psychotherapie gemacht, was im Rahmen der Transition vorgeschrieben ist, was ich aber auch jedem empfehle. Diese Unterstützung war nicht nur zu Beginn wichtig, sondern auch während des gesamten Anpassungsprozesses. Es ist ein Irrtum zu denken, dass man die Therapie nur am Anfang benötigt. Der Prozess des Umstiegs und der Anpassung an die neuen körperlichen und emotionalen Gegebenheiten kann noch lange nach dem Start der Hormontherapie herausfordernd sein.

Die Therapie hat mir geholfen, meine Gedanken und Zweifel zu sortieren. Ich habe auch angefangen, einen Blog zu schreiben, um meinen Weg zu dokumentieren, zunächst für mich selbst und dann auch für andere, die ähnliches durchleben. Der Austausch mit meiner Therapeutin und anderen lieben Menschen war entscheidend. Sie haben mir geholfen, Ängste und Unsicherheiten zu bewältigen und zu verstehen, wie sich Körper, Hormone und Psyche gegenseitig beeinflussen.

Psychotherapie bietet eine wichtige Unterstützung, besonders wenn man sich alleine fühlt. Viele Menschen zögern, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, da sie oft denken, es sei ein Zeichen von Schwäche oder Krankheit. Dabei ist es gerade eine Form der Selbstfürsorge, sich Unterstützung zu holen. Ein gutes therapeutisches Team kann den Übergang erleichtern und einem helfen, sich sicherer und ausgeglichener zu fühlen.

Psychische Unterstützung ist ebenso wichtig wie körperliche Hilfe, besonders in Übergangsphasen wie den Wechseljahren oder während einer Hormontherapie. Während man für körperliche Beschwerden häufig Gynäkologen oder andere Spezialisten konsultieren kann, wird die psychische Dimension oft vernachlässigt.

Ich habe festgestellt, dass viele Frauen, die in die Wechseljahre kommen, sich an mich wenden und nach Rat suchen. Auch wenn sie sich wertvolle Beratung wie beim Netzwerk für bioidente Hormone suchen, sind sie oft unsicher, wie sie am besten mit den Veränderungen umgehen können. Für Transmänner, die sich in ähnlichen Übergangsphasen befinden, ist es genauso wichtig, eine umfassende Betreuung zu erhalten.

Standardbluttests sind oft nicht ausreichend, da sie nicht alle hormonellen Veränderungen abdecken. Daher ist es wichtig, dass auch spezifische Hormontests durchgeführt werden, um den Hormonhaushalt genau zu überwachen. Psychische Probleme können häufig mit den hormonellen Veränderungen zusammenhängen, nicht nur mit mentalem Stress oder Depressionen.

In Österreich gibt es nur wenige Spezialisten, die sich wirklich mit diesen Themen auskennen. Daher ist es oft schwierig, die notwendige, umfassende Unterstützung zu finden. Neben der medizinischen Betreuung können auch Psychotherapeuten, Physiotherapeuten und Osteopathen eine wichtige Rolle spielen, um den Betroffenen zu helfen, sich besser zu fühlen und ihren neuen Zustand zu akzeptieren.

Psychotherapie bietet eine wichtige Unterstützung, besonders wenn man sich alleine fühlt. Viele Menschen zögern, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, da sie oft denken, es sei ein Zeichen von Schwäche oder Krankheit.

Sam Schweiger

Hast Du noch andere Sachen unterstützend gemacht?

Ich hätte mehr auf Bewegung und Ernährung achten sollen, aber leider habe ich das vernachlässigt. Testosteron hat mir zwar mehr Energie und Muskelaufbau beschert, ohne ins Fitnessstudio zu gehen, aber gleichzeitig habe ich enormen Hunger entwickelt und viel gegessen.

Als Katharina Burkhardt vom Hormonnetzwerk damals in mein Leben trat, habe ich begonnen, mich intensiver mit Mikronährstoffen und pflanzlichen Substanzen zu beschäftigen, die den Übergang unterstützen und meine Hormonwerte regulieren. Ich hatte Phasen, in denen meine Testosteronwerte viel zu hoch waren, und andere Male, in denen ich einen niedrigen Progesteronwert hatte – ein Hormon, das auch Männer brauchen.

Ich bin dankbar für den Rat, den ich damals erhalten habe. Heute nehme ich täglich meine Mikronährstoffe und achte darauf, durch spezielle Präparate und Essenzen meine Werte im Gleichgewicht zu halten. Das betrifft so einfache Dinge wie Vitamin D, das ich jedem empfehle, denn ein ausgeglichener Hormonhaushalt verbessert das Wohlbefinden erheblich.

Daher finde ich es so wichtig, auf Plattformen wie eurer Informationen zu finden und sich nicht nur auf den Arzt zu verlassen. Ein umfassendes Betreuungssystem, das auch Osteopathie und andere Ansätze umfasst, ist entscheidend, um den gesamten Körper und Geist in Balance zu halten.

Lässt du auch regelmäßig deine Hormonwerte überprüfen? Wie machst Du das?

Durch Katharina hatte ich das Glück, Zugang zu Speicheltests zu bekommen, da sie bereits mit Laboren zusammenarbeitete. Anfangs habe ich regelmäßig Bluttests machen lassen, was bei der Hormontherapie notwendig ist. Die Werte zeigten anfangs normale Anpassungen der männlichen Hormone, aber die Ergebnisse variierten, je nachdem, welches Labor die Tests durchgeführt hat.

Wir haben darauf geachtet, die Tests immer unter denselben Bedingungen zu machen: zur gleichen Tageszeit und am gleichen Zyklustag - ja, auch Transmänner haben einen Zyklus-Rhytmus - da die Werte stark von der Uhrzeit und dem Tag abhängen können. Diese Tests konnte ich nicht über Hausärzte oder Allgemeinmediziner durchführen lassen, sondern musste sie direkt mit Katharina und speziellen Ärzten über das Labor organisieren.

Es hat sich herausgestellt, dass mein Testosteronwert im Speichel viel höher war als im Blut. Katharina sagte damals scherzhaft, ich hätte Testosteron wie ein Stier, was nicht gut für mich war. Das war teilweise alarmierend, aber wir mussten die Dosis anpassen, die Abstände zwischen den Tests verkürzen und andere Werte berücksichtigen, um ein Gleichgewicht zu erreichen.

Kurz nach der Operation haben wir alle drei Monate Tests gemacht, was allerdings zusätzliche Kosten verursacht, da Speicheltests nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Im Gegensatz dazu sind Bluttests in der Regel kostenlos. Um die Hormonwerte zu stabilisieren, habe ich auch die Präparate gewechselt. Gel konnte ich besser dosieren als Injektionen, deren Wirkung nach drei Monaten nachlässt.

Es hat etwa ein bis zwei Jahre gedauert, bis die Werte und mein Wohlbefinden stimmten. Ein Überschuss an Testosteron führt manchmal zu übermäßiger Energie oder Aggression, was ich zum Beispiel beim Autofahren gespürt habe, weil ich schnell auf 180 war und mich mehr geändert habe. Wenn die Werte am Ende des Depotzyklus stark absanken, wurde ich weinerlicher und depressiver.

Diese Erfahrung hat mir geholfen, ein besseres Gefühl für meinen Hormonhaushalt zu entwickeln. Viele brauchen feste Vorschriften und Regeln, aber ich habe gelernt, wie ich meine Werte selbst regulieren kann. Es war sehr unterstützend, jemanden an meiner Seite zu haben, der die Ergebnisse mit mir analysierte und mir Ratschläge gab, wie ich die Dosierung anpassen kann.

Hast Du dich gut begleitet gefühlt?

In Bezug auf Hormone habe ich oft das Gefühl, dass wir hierzulande schlecht versorgt sind, egal ob es um biologische Frauen in den Wechseljahren oder um Transpersonen geht. Die Behandlung ist oft standardisiert: Man erhält eine Dosis, und das war's. Es fehlen spezialisierte Anlaufstellen oder Gesundheitszentren, die sich umfassend mit Wechseljahren oder trans-spezifischer Hormontherapie auskennen. Es gibt immer einzelne Ärzte, die sich intensiv mit diesen Themen beschäftigen, aber insgesamt ist die Versorgung unzureichend.

Hier gibt es häufig das Problem, dass Ärzte einander weiterverweisen, ohne dass es eine zentrale Anlaufstelle gibt. Auch wir als Beratungsstelle kämpfen oft damit, die notwendige medizinische Versorgung sicherzustellen. Heutzutage kann man glücklicherweise schnell Informationen online finden, was früher nicht möglich war. Es gibt mittlerweile Plattformen, die sofortige Hilfe bieten, was einen großen Fortschritt darstellt. Trotzdem hoffe ich auf eine bessere, systematische medizinische Versorgung für alle, die sie benötigen.

Wie hat dein Umfeld auf deinen Wechsel reagiert?

Es herrschte eine Aufregung und Neugier darüber, wie sich der Körper durch die Einnahme von Hormonen verändern würde. Was passiert da? Wie wird er sich entwickeln? Ich glaube, niemand – außer mir selbst – hat wirklich darüber nachgedacht, was es bedeutet, wenn ich mich operieren lasse und meine inneren Geschlechtsorgane entfernt werden. Niemand hat die Verbindung zu einer körperlichen Reaktion wie bei den Wechseljahren gezogen. Für die anderen schien es einfach nur ein Schritt in meiner Transition zu sein. 

Stattdessen ging es mehr darum zu beobachten, wie ich mich verändere – sei es in meiner Stimmung oder im Aussehen. Es war für die meisten eher eine Frage der äußeren Veränderung, weniger eine Auseinandersetzung mit den tieferen hormonellen Prozessen, die eigentlich nur einen kleinen Teil betreffen.

Für mich war die Operation - also die Entfernung der weiblichen Keimdrüsen - mit Euphorie und Freude verbunden, während sie für viele Frauen oft etwas Furchtbares ist. Für mich als transidenter Mann hatte es vermutlich auch psychisch viel bewirkt und den hormonellen Umstellungsprozess erleichtert. Meine Freude über diesen Schritt hat vielleicht auch dazu beigetragen, dass die Hormone besser wirken konnten. Abgesehen von den ersten drei Monaten, in denen ich durch die OP und eine Infektion geschwächt war, spürte ich keine negativen Auswirkungen von außen. Innerlich wusste ich jedoch: Jetzt kann mein Körper keine weiblichen Hormone mehr produzieren, und das männliche Hormon kann endlich wirken. Es war, wie ich schon sagte, der Moment, in dem ich wieder einen Schritt weiter bei mir selbst angekommen war – ein langer Weg, den auch mein Umfeld, meine Familie und Kollegen begleitet haben.

Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht und bin offen mit den Hormonen umgegangen. Ich weiß, dass es bei anderen mit den Wechseljahren oft länger dauert, aber bei mir ging es recht schnell. Mein soziales Umfeld hat positiv reagiert, egal ob Freunde oder Fremde – es hängt oft davon ab, wie man selbst mit dem Thema umgeht. Wenn man offen und selbstbewusst ist, spüren das die anderen. Ich hatte das Glück, von verständnisvollen Menschen umgeben zu sein. Und es ist ein großer Unterschied ob die “Wechseljahre” durch eine gewollte OP bewusst herbeigeführt werden und einem nichts ausmachen, weil man ja endlich am Weg zum ersehnten Identitätsgeschlecht ist, des eines Mannes. 

Wer Fragen hatte, konnte mich jederzeit ansprechen, was ich auch für wichtig halte. Viele trauen sich nicht, direkt zu fragen, aber es kann hilfreich sein. Gerade jetzt, wo viele Frauen in meinem Umfeld in die Wechseljahre kommen, ist das Thema präsent. Jede erlebt es anders, und wie viel man preisgibt, bleibt jedem selbst überlassen. Ich hatte damit nie ein Problem, während andere lieber nichts erzählen. Viele wissen nicht, dass ich über Hormone und meine Geschlechtsangleichung ein Buch geschrieben habe. Dadurch komme ich mit ihnen ins Gespräch, und erst im Austausch wird vielen klar, dass ich selbst durch vorzeitige Wechseljahre gegangen bin. Manche Transmänner würden das nie thematisieren, weil sie diesen Weg abgeschlossen sehen, aber für mich ist es ein Teil meiner Geschichte und Wurzeln, die ich nicht verbergen möchte.

Frauen kommen oft auf mich zu, weil sie mir vertrauen und wissen, dass ich offen darüber spreche. Das finde ich schön, denn es sind Themen, die viele sonst nur mit ihrem Arzt oder Therapeuten besprechen, selten mit Freunden. Für mich ist es ein medizinisches und menschliches Thema, über das ich offen rede – nicht nur in persönlichen Gesprächen, sondern auch in Vorträgen.

Viele wissen gar nicht, wie stark Hormone das Gehirn beeinflussen. Man sollte das Thema Hormone nicht ignorieren, denn sie können über Glück oder Unglück entscheiden. Für mich gibt es nichts, was es nicht gibt. Vielfalt, Respekt, Unterstützung und Akzeptanz sind entscheidend. Wechseljahre sollten nicht als unwichtig abgetan werden – sie können eine große Herausforderung sein, die ernst genommen werden muss.

In meinem Buch steht ein Satz, der mir sehr wichtig ist: „Sei gerne du”. Denn so wie du bist, ist es richtig.

Sam Schweiger

Dann kommen wir auch schon zu unserer letzten Frage: unser Motto ist ja Me Not Pause - wir lassen uns nicht stoppen. Was war dein Me Not Moment?

Es ist wichtig, mehr Akzeptanz und Verständnis für die Vielfalt menschlicher Erfahrungen zu zeigen, auch wenn wir diese vielleicht nicht sofort verstehen. Wenn jemand sich verändert oder unwohl fühlt, sei es körperlich oder psychisch, sollten wir offen sein, ohne Vorurteile reagieren und Unterstützung anbieten. Es wäre wünschenswert, dass es mehr Anlaufstellen für Themen wie Hormone, Wechseljahre oder Transidentität gibt, damit Menschen wissen, wo sie Unterstützung finden können.

Es gibt nichts Schöneres, als von jemandem zu hören, dass man ihm mit einem Rat oder einer Unterstützung geholfen hat. In meinem Buch steht ein Satz, der mir sehr wichtig ist: „Sei gerne du”. Denn so wie du bist, ist es richtig. Wechseljahre, ob bei Männern, Frauen oder anderen Geschlechtern, sind biologische und psychische Zustände, die wir nicht als Last sehen sollten. Sie sind Teil der Vielfalt des Lebens, und es ist wichtig, dass wir uns damit auseinandersetzen und Verständnis dafür haben.

Mehr Interviews
Interviews

Interviews mit führenden Expert:innen aus Sport, Ernährung und Hormonersatztherapie

Zu den Interviews