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Interview

Sandra (51): Von emotionaler Achterbahn zu mehr Lebensenergie

Veröffentlicht von Saskia Appelhoff im Januar 2025

Artikelbild Sandra (51): Von emotionaler Achterbahn zu mehr Lebensenergie

Erfahrungsbericht mit Marie (51 Jahre) über ihre Wechseljahre

Sandra, 51 Jahre, 1 Kind, Angestellte in Teilzeit, Perimenopause, seit 5 Monaten HET

Wann hast du die ersten Symptome bemerkt und welche waren das?

Mit 44 hat es bei mir angefangen, dass ich sehr emotional geworden bin und richtige Heulphasen hatte. Ich habe mich wirklich selber nicht wieder erkannt und nur gedacht, wie kann man so hysterisch sein? In dieser Zeit habe ich bei den kleinsten Dingen unverhofft geweint – und ich hatte das nicht unter Kontrolle. Meine Familie wusste dann auch schon Bescheid und hat mir zum Beispiel beim gemeinsamen Filmeabend Blicke zugeworfen nach dem Motto “wann geht es wieder los mit der Heulerei”. Es war wirklich belastend, weil ich mich selbst nicht wiedererkannt habe.

Dann kam bei mir diese Antriebslosigkeit dazu. Am Anfang denkt man ja, es ist normal, müde zu sein – während der Schwangerschaft sagt einem das jeder, und auch in der Stillzeit wird die Erschöpfung darauf zurückgeführt. Aber ich habe gemerkt, dass dieses Gefühl von Schlappheit, Antriebslosigkeit und Abgeschlagenheit nicht mehr wegging. Das fing schon mit 39 an. Rückblickend würde ich sagen, dass diese Symptome schon mit den hormonellen Veränderungen durch die Schwangerschaft zusammenhingen. Es war, als hätte ich mich davon nie ganz erholt.

Dann gab es eine kurze Phase, wo es besser wurde, nämlich 2019, als mein Vater gestorben ist. Da musste ich viel organisieren und Verantwortung übernehmen. Das war ein Aha-Moment für mich, weil ich dachte, wie schlimm es wäre, wenn ich immer noch so emotional instabil wäre. Ich glaube, dass in stressigen Phasen, in denen man funktionieren muss, der Körper alles andere unterdrückt. Es fühlt sich an, als würde der Hormonhaushalt einfach entscheiden: "Jetzt muss alles weiterlaufen, egal, was der Rest des Körpers braucht."

Hat sich auch Dein Zyklus verändert?

Mit etwa 46, 47 Jahren habe ich dann unregelmäßige Perioden bemerkt. Das habe ich auch mit meiner Ärztin besprochen und sie hat einfach genickt und gesagt, dass es jetzt die Zeit ist, wo es losgehen kann. Ich habe mir damals einfach nicht die Zeit genommen, darüber weiter nachzudenken oder mir große Gedanken zu machen.

Nach der Schwangerschaft habe ich noch eine Zeit lang die Pille genommen, etwa bis ich sie dann mit 43 endgültig abgesetzt habe. Ich denke, wenn man weiterhin hormonell verhütet, merkt man oft gar nicht so genau, wann die Veränderungen im Körper beginnen. Das war vermutlich auch der Grund, warum ich dann mit 43/44 diese emotionale Empfindlichkeit, diese Weinerlichkeit hatte. Das fiel genau in die Zeit, als ich die künstlichen Hormone, also die Verhütungshormone, abgesetzt habe. Insofern glaube ich, dass das alles zeitlich ganz gut zusammenpasst In dieser Phase habe ich allerdings gar nicht kapiert, dass ich quasi wie ein Junkie auf „Hormon-Turkey“ war und das schon die ersten Symptome der Wechseljahre waren.

Kamen dann noch weitere Symptome dazu?

Dann ging es mit Hitzewallungen los – ich würde sagen, vor zwei bis drei Jahren (mit Ende 40) hat das angefangen. Es war aber nie besonders schlimm. Ich stand zum Beispiel nie völlig schweißgebadet irgendwo. Es war eher dieses Gefühl, als ob plötzlich jemand die innere Heizung aufdreht – so ein Tauchsieder-Gefühl. Das hatte ich ungefähr ein Jahr lang, aber es war nie überwältigend. Ich habe immer gedacht: “Wenn es so bleibt, kann ich gut damit leben.”

Die unangenehmsten Symptome der letzten Jahre waren bei mir extrem starkes Brustspannen und Brustschmerzen – immer in der Zyklusmitte. Ich habe das scherzhaft ‚Betonbusen‘ genannt, weil es sich wirklich so angefühlt hat. Meine Brüste, die sonst nicht besonders groß sind, haben sich einmal im Monat für mehrere Tage unglaublich empfindlich, druckempfindlich und regelrecht ‚atomar groß‘ angefühlt. Das war wirklich entsetzlich und hat mich stark belastet.

Dann hatte ich auch immer wieder diese Momente, in denen ich dachte: Jetzt muss doch irgendwann mal wieder Energie von innen kommen! Warum fühlen sich meine Akkus immer noch so leer? Wann wird das endlich besser? Das hat mich dazu gebracht, mich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen. 

Die unangenehmsten Symptome der letzten Jahre waren bei mir extrem starkes Brustspannen und Brustschmerzen – immer in der Zyklusmitte. Ich habe das scherzhaft ‚Betonbusen‘ genannt, weil es sich wirklich so angefühlt hat. Meine Brüste, die sonst nicht besonders groß sind, haben sich einmal im Monat für mehrere Tage unglaublich empfindlich, druckempfindlich und regelrecht ‚atomar groß‘ angefühlt. Das war wirklich entsetzlich und hat mich stark belastet.

Sandra

Wie hast Du Dich über Wechseljahre informiert?

Ich bin über eine Reportage auf Sheila de Liz und ihr Buch gestoßen, die ja sehr ausführlich über Hormonersatztherapie informiert. Das hat für mich alles Sinn gemacht – viele Zusammenhänge waren mir bis dahin überhaupt nicht klar… erklärt einem ja leider auch keiner. Vor etwa einem halben Jahr habe ich dann beschlossen, dass ich das jetzt ausprobiere und habe direkt meine Frauenärztin dazu angesprochen. 

Wie hat deine Frauenärztin reagiert, als du pro-aktiv gesagt hast, dass Du HET machen möchtest?

Ich habe ihr gesagt, dass ich ihre fachliche Meinung schätze und sie der Profi ist, aber ich trotzdem gerne den Ansatz aus dem Buch ausprobieren würde. Sie war total offen und hat daraufhin gesagt: Okay, wenn Sie sich gut informiert haben, nachdem Sie das Buch gelesen haben, dann probieren wir das einfach mal aus. Eine umfangreiche Risikoaufklärung gab es nicht, aber im Buch wird ja auch erklärt, dass die großen Risiken aus alten Studien mit einer früheren Generation von Hormonen stammen.

Sie hat vorgeschlagen, es für drei Monate auszuprobieren. Als sie mich verabschiedet hat, meinte sie noch lachend: Wer weiß, vielleicht steht Ihr Mann irgendwann mit einem Strauß Blumen vor meiner Tür! Da habe ich gemerkt, dass sie die Idee eigentlich ganz gut findet.

Wie geht es Dir jetzt? Was machen die Symptome?

Ich würde nicht sagen, dass ich sofort eine riesige Veränderung gespürt habe – kein Wow-Moment vom ersten Tag oder Monat an. Es war eher ein unauffälliger,  schleichender Prozess. Aber vor ein, zwei Monaten meinte mein Mann plötzlich: Sag mal, merkst du was? Und tatsächlich: Ja, ich merke es. Ich habe mehr Antrieb und bin wieder mein altes Ich, und das fühlt sich einfach schön an.

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Gibt es etwas, was Du rückwirkend anders gemacht hättest? Was wünscht Du Dir für die Zukunft?

Was ich mir grundsätzlich sehr wünschen würde, ist, dass das Thema Wechseljahre und Hormone mehr Beachtung findet – auch bei Ärzten. Es wäre gut, wenn Allgemeinmediziner und andere Fachärzte das Thema stärker in den Fokus nehmen und bestimmte Beschwerden mehr in Relation dazu setzen würden.

Ich finde es gut, dass sich gerade etwas verändert und Frauen sich nicht mehr einfach damit abfinden, dass sie jetzt älter sind und vieles nicht mehr geht. Ich möchte gerne so alt werden, wie es mir momentan geht, und irgendwann sagen können: Okay, jetzt bin ich am Ziel. Ich soll ja auch noch 16 Jahre arbeiten, bevor ich in Rente gehe – und das ist doch verrückt! Dass Frauen ihre Arbeitszeit reduzieren müssen, weil sie erschöpft sind, kann doch nicht die Lösung sein.

Mit dem Altern habe ich kein Problem – ich wünsche mir nur, körperlich fit zu bleiben… und habe mir vorgenommen, dafür in Zukunft mehr zu tun als in den vergangenen Jahren.

Was ich mir grundsätzlich sehr wünschen würde, ist, dass das Thema Wechseljahre und Hormone mehr Beachtung findet – auch bei Ärzten. Es wäre gut, wenn Allgemeinmediziner und andere Fachärzte das Thema stärker in den Fokus nehmen und bestimmte Beschwerden mehr in Relation dazu setzen würden.

Sandra

Vielen Dank Sandra für das spannende und ehrliche Interview!

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